Vor zwei Wochen in der Trauerbegleitung von einer jungen Frau (27), deren Vater vor Kurzem verstarb, sagte sie im Gespräch zu mir: „Ich verstehe mich manchmal selbst nicht. So kenn ich mich gar nicht wieder. Ich frage mich dann: Wer bin ich eigentlich?„
Vielleicht kennst du das auch, dass du in der Trauer immer wieder an einem ähnlichen Punkt stehst. Du nimmst auf einmal Gefühle und Gedanken in dir wahr, die du davor nicht kanntest. Und du beginnst an dir zu zweifeln, verstehst dich plötzlich selbst nicht mehr und fühlst dich auch von anderen Menschen in deinem Umfeld nicht richtig verstanden.
Wenn dir das bekannt vorkommt, dann lass mich dir sagen: Du bist nicht allein! Und es gibt Wege, wie du dich Schritt für Schritt selbst aus diesem Gefühl der Hilflosigkeit befreien kannst, dich selbst besser kennenlernst und Ordnung in das Wirrwarr der inneren Stimmen und Grübeleien bringst. Zum Beispiel mit der Methode des inneren Teams oder anders gesagt: der Arbeit mit inneren Persönlichkeitsanteilen.
In diesem Beitrag teile ich mit dir 4 Schritte, die mir geholfen haben, mich damit selbst besser zu verstehen und in Zeiten von Trauer und persönlicher Krisen wieder Struktur ins innere Chaos zu bringen. Mögen sie auch DIR ein Impuls zur Selbstreflexion in der Trauer sein. ⚓️
Kennst du DEIN inneres Team? – Impulse zur Selbstreflexion in der Trauer
Vielleicht erzähle ich dir mit den inneren Anteilen, dem inneren Team, auch nichts Neues. Die Frage ist: Nutzt du es auch, um deine Innenwelt zu ordnen? Und KENNST du dein inneres Team? Sprich die unterschiedlichen Anteile deiner Persönlichkeit, die etwas zu sagen haben.
Unser Verstand sucht sich permanent Arbeit. Ich gehöre zu der Kategorie – wenn wir mal die Schubladen aufmachen wollen 😉 – der feurigen Denker – also, es denkt und denkt und denkt. Nach außen erweckt das manchmal den Eindruckt: ok – der Friedrich ist ein ruhiger, gelassener Typ – doch ich kann dir sagen: Im Innern geht’s rund. 🔥
Das bestätigt auch der Blick in mein Geburtshoroskop mit dem Merkur im Löwen. Das Merkur-Prinzip ist dem Element Luft zugeordnet und steht für die Kommunikation, Austausch, das Denken. Und Löwe ist dem Element Feuer zugeordnet. Du kannst dir also vorstellen, wenn wir dem Feuer Luft hinzugeben… es brennt und wird heißer. So ist das dann auch bei den Denkprozessen, die sehr hitzig sind.
Aber gut ich schweife ab. 😊
Also, vielleicht kennst du das Modell des inneren Teams bereits, doch nutzt du es? Und kennst du dein Team?
Mit der Anteile-Arbeit, kannst du dich selbst auf Erkundungstour machen und die Anteile in dir, dein inneres Team erforschen. Denn, wenn du dein inneres Team vereint hast und Konsens herrscht, kannst du auch nach außen hin klarer, authentischer und bewusster auftreten und gelassener auf die Stürme des Lebens reagieren.
Mit der Anteile-Arbeit dich selbst besser verstehen
Dazu möchte ich dir in diesem Beitrag konkrete Fragen und Beispiele an die Hand geben, die dir helfen können, dein inneres Team kennen zu lernen und an einen Tisch zu holen. Dabei nehme ich dich mit auf meine persönliche Reise und zeige dir, welche 4 Schritte mir in der Trauer geholfen haben, mich selbst besser zu verstehen.
Schritt 1 – Definiere deine inneren Persönlichkeitsanteile
Stell dir vor, da gibt es eine innere Tafelrunde, einen großen runden Tisch, an dem alle deine inneren Teammitglieder, die einen Persönlichkeitsanteil von dir repräsentieren, versammelt sind.
Als Erstes hat es mir geholfen zu überlegen:
- Wer sind meine inneren Teammitglieder?
- Wer hat was zu sagen?
- Welche Anteile nehme ich wahr in mir?
Das kann eine Weile dauern bis du dazu einen Zugang bekommst. Je nachdem wie erfahren du auch mit der inneren Arbeit bist, fällt dir das leichter oder schwerer reinzuhören und zu benennen. Aber das ist nicht schlimm. Du machst es so in deinem Tempo. Überlege dir:
- Was sind wiederkehrende Gedankenmuster, Glaubenssätze, Bedürfnisse, Neigungen oder Gefühle, die dich in deinem Alltag – in bestimmten Situationen – triggern, die hochkommen und da sind?
- Wer sitzt an deiner inneren Tafelrunde und hat was zu sagen?
Ok? Nimm dir dafür die Zeit, die du brauchst.
Schritt 2 – Gib den inneren Anteilen einen Namen
Durch die Benennung der inneren Anteile, der inneren Teammitglieder, werden sie lebendiger und greifbarer. Deshalb habe ich mir im zweiten Schritt Folgendes überlegt:
- Welchen Namen gebe ich den Teammitgliedern – sprich den inneren Anteilen?
Bei mir heißen sie zum Beispiel: der Angsthase 😱, Superman 💪, Abenteurer 🚀, der Träumer ✨, der Kontroletti 🤓, Verantwortungsträger 🙋🏻♂️, das innere Kind 👨👦 oder der weise Alte 🧙🏻♂️. Die Namen müssen nicht perfekt oder super kreativ sein. Wichtig ist, dass DU dir darunter etwas vorstellen kannst, dass es für dich greifbar wird.
Schritt 3 – Höre zu und gehe in den Dialog
Im dritten Schritt bei der Arbeit mit meinem inneren Team geht es um das Zuhören. Ok, ich hab alle Anteile an einem Tisch versammelt, ihnen Namen gegeben. Jetzt höre ich zu und frage jeden Einzelnen:
- Was brauchst du?
- Was ist dir wichtig?
Ich habe mir dann zu jedem Anteil, zu jedem Namen ein paar Stichpunkte aufgeschrieben, was diesen Persönlichkeitsanteil, diesen Charakter ausmacht.
- Wie spricht er?
- Welche Sätze kommen klassischer Weise von ihm?
- Welche Bedürfnisse stecken dahinter?
Zum Beispiel sagt der Abenteurer 🚀: “Ich will Freiheit, frei sein und mein Ding machen. Was kostet die Welt.“ Der Abenteurer ist auch mal draufgängerisch, derb in der Sprache und humorvoll.
Demgegenüber erklärt der Verantwortungsträger 🙋🏻♂️: “Es geht nicht nur um mich. Ich mach auch was für andere, stell mich in den Dienst, ich bin da für die Familie und tue was zum Wohle anderer, der Gesellschaft.“ Der Verantwortungsträger hat etwas Väterliches, vom Archetyp her wie der wahre König, der dem Volk dient, statt sich auf Kosten anderer zu bereichern.
Das einfach als Beispiel. Jetzt hast du vielleicht gemerkt: Puh, das geht ja in eine ganz andere Richtung, was der Abenteurer will und was der Verantwortungsträger möchte. 😱 JA, stimmt! Und das macht das Ganze ja so SPANNEND – im wahrsten Sinne des Wortes. Kann es hier zu Spannungen, zu Konflikten bei deiner inneren Tafelrunde kommen. Wenn du dir das einfach mal bildlich vorstellst, wie die beiden am Tisch sitzen und diskutieren, für ihre Interessen und Bedürfnisse werben.
Genauso ist es aber auch möglich, dass sich Allianzen bilden. Denn es gibt auch innere Anteile, die grundsätzlich sehr nahe beieinander liegen und sich wunderbar ergänzen und konstruktiv verstärken können.
Und damit kommen wir zum 4. Schritt.
Schritt 4: Verhandle und entscheide
Hier geht es aber nicht etwa darum, faule Kompromisse und Deals zu schließen. Sondern es geht darum, einen Schritt auf jeden einzelnen in der Runde zuzugehen und zu signalisieren:
- Hey, ich nehme dich wahr! Ich sehe dich!
Das heißt auch liebevoll und empathisch mit den einzelnen inneren Teammitgliedern am Tisch in den Dialog zu gehen. So wie wir das auch in einer Verhandlung oder Beziehung im Job mit den Kollegen am Tisch tun würden.
So könnte z. B. ein Schritt zu auf den Abenteurer aussehen: „Hey Abenteurer, ich verstehe, dass dir Freiheit wichtig ist. Du hast schon viele Freiheiten in den letzten Jahren erlebt, dein Ding gemacht und wenn du ehrlich bist auch aktuell noch viele Freiheiten, die du vielleicht einfach nicht siehst – oder sehen magst. Doch jetzt geht es in der aktuellen Lebensphase darum, auch Verantwortung zu übernehmen. Deine Kraft auch anderen zur Verfügung zu stellen. Und wer weiß, vielleicht erfährst du dadurch eine ganz andere Art von Freiheit, eine innere Freiheit, die du bisher noch gar nicht kanntest.”
Das einfach als Beispiel wie so eine Verhandlung mit dem inneren Team aussehen kann.
Und jetzt kommt’s: Das Wichtige ist: Ich gehe einen Schritt auf die inneren Anteile zu, doch am Ende entscheide ICH!
Mach dir bewusst, dass DU immer entscheidest, welchen inneren Stimmen du Gehör schenkst, wo du bereit bist, einen Schritt auf bestimmte innere Teammitglieder zuzugehen und wo es einfach Zeit ist zu sagen: Genug geredet, wir machen es jetzt so!
Stell dir vor: Du sitzt quasi auf dem Chefsessel am Tisch und hast immer die Entscheidungshoheit.
Fazit
Also abschließend nochmal zusammengefasst die 4 Schritte bei der Arbeit mit dem inneren Team:
- Definiere die unterschiedlichen inneren Anteile / Teammitglieder – höre in dich hinein: wer hat was zu sagen?
- Gib diesen inneren Anteilen Namen – die für dich stimmig sind
- Gehe in den Dialog mit ihnen – höre zu, was braucht jedes Teammitglied
- Verhandle, gehe einen Schritt auf sie zu, doch mach dir bewusst: am Ende entscheidest immer DU, du sitzt auf dem Chefsessel in deinem Leben – auch wenn im Außen gerade viele Stürme wehen, es liegt in deiner Macht, wie du im Innern darauf reagierst.
Das ist mein Weg im Umgang mit dem inneren Team. Ich weiß es gibt da noch viel mehr Details, die hinter der Anteile-Arbeit stecken. Doch sehe das einfach als Impuls, als Inspiration mit einem neuen Blick auf dich und dein Innenleben zu schauen.
Und wenn es dir schwer fällt, dich selbst zu lieben, mit allen Anteilen, die da in dir sind. Dann lade ich dich heute ein: Sei du selbst dein bester Freund. Sei du selbst deine beste Freundin. Und achte darauf:
- Wie redest du mit dir?
- Würdest du so auch mit deinem besten Freund / deiner besten Freundin reden?
Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren und Erkunden deines inneren Teams und freue mich über deine Gedanken zur Folge in den Kommentaren. 🤗
🎧 Hier kannst du dir auch den Podcast zu diesem Beitrag anhören.